In den 40 Wochen einer Schwangerschaft durchläuft der Körper der werdenden Mutter große Veränderungen. Aus einer befruchteten Eizelle entsteht in weniger als einem Jahr ein kleiner Mensch. Während der weibliche Körper in der Regel weiß, was er zu tun hat, kann die Psyche der Frau schon mal aus den Fugen geraten. Besonders in den ersten Schwangerschaftswochen ist der Gedanke an die neue Lebenssituationen und etwaige Komplikationen bei der Kindesentwicklung für viele Frauen eine Herausforderung. Eine Schwangerschaft ist also sowohl psychisch als auch in physischer Hinsicht eine ganz besondere, einzigartige Situation. Die Umstellung der Hormone und das Wachstum des Kindes können bei der Schwangeren auch zu verschiedenen Beschwerden führen.
Der Begriff „Morgenübelkeit” hat sich besonders als Anzeichen einer Schwangerschaft in den ersten Wochen etabliert. Fakt ist allerdings, dass diese Übelkeit bei Frauen im ersten Schwangerschaftstrimester nicht nur morgens, sondern jederzeit auftreten kann. Grund ist die Produktion von humanem Choriongonadotropin (hCG), dem Schwangerschaftshormon, das im ersten Trimester noch von Eierstöcken und Plazenta gemeinsam gebildet wird sowie ein Anstieg der Hormone Östrogen und Progesteron. Zu Beginn des zweiten Trimesters der Schwangerschaft reguliert sich die Hormonproduktion in der Regel wieder, die Übelkeit tritt dann meist wesentlich seltener auf.
Bei vielen schwangeren Frauen kommt es im letzten Schwangerschaftsdrittel abermals zu starkem Unwohlsein mit Beschwerden wie Übelkeit bis hin zum Erbrechen. Grund für diese Beschwerden sind zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr die Hormone, sondern die Größe des ungeborenen Kindes. Wenn das Baby im Bauchraum der Mutter wächst, dehnt es die Bauchdecke bis zu einem gewissen Maß nach außen, um sich Platz zu verschaffen. Die Ausdehnung des Bauchumfangs ist allerdings begrenzt, sodass der benötigte Raum anderweitig geschaffen werden muss. In den Wochen vor der Geburt werden die Organe der Mutter zunehmend nach oben in Richtung Brustkorb gedrückt und der Magen-Darm-Trakt teilweise unangenehm zusammengepresst. Wenn der Magen nach einer Mahlzeit prall gefüllt ist, kann eine solche Quetschung Unwohlsein und je nach Größe und Aktivität des Kindes auch ein Erbrechen nach sich ziehen.
Aus demselben Grund leiden viele Schwangere mit Beginn des dritten Trimesters der Schwangerschaft an Sodbrennen. Das Hochdrücken des Magens in den Brustkorb kann dafür sorgen, dass Magensäure in die Speiseröhre steigt, was zu Sodbrennen und Magenschmerzen führen kann. Eine Verteilung der täglichen Mahlzeiten auf viele kleine Portionen kann dafür sorgen, dass der Magen nie ganz voll ist und der verminderte Platz ausreicht.
Auch Kurzatmigkeit und Atemnot stehen unmittelbar in Zusammenhang mit der Größe des Kindes im dritten Trimester der Schwangerschaft. Die stetige Gewichtszunahme und der wachsende Bauch können sich auf die Kondition der Schwangeren auswirken. Allerdings leiden die meisten werdenden Mütter an Kurzatmigkeit, weil ihre Herzspitze nach oben gedrückt und auch das Lungenvolumen eingeschränkt wird.
In den ersten Wochen der Schwangerschaft hat ein Großteil der Frauen mit heftigen Stimmungsschwankungen zu kämpfen. Dies ist bis zu einem gewissen Ausmaß völlig normal, denn die neue Lebenssituation will erst einmal verarbeitet werden. Hinzu kommt, dass körperliche Symptome und Emotionen durch die schwankende Produktion der Hormone im ersten Trimester der Schwangerschaftnoch verstärkt werden. Bei den meisten Frauen stabilisiert sich die Gefühlswelt nach den ersten Wochen der Schwangerschaft, wenn sich die Hormonproduktion reguliert. Es kann allerdings immer mal wieder vorkommen, dass die Stimmung während der Schwangerschaft in die eine oder andere Richtung für Außenstehende unverständlich überschäumt. Besonders in den Wochen vor der Geburt gibt es auch dann keinen Grund zur Sorge.
Allerdings besteht bei schwangeren Frauen die Gefahr, dass sich der normale Grad der Stimmungsschwankungen zu einer Depression ausbildet. Wenn die Schwangere selbst und auch ihr Umfeld bemerken, dass insbesondere die Tiefpunkte der Emotionen überhand nehmen, sollte mit dem behandelnden Gynäkologen Rücksprache gehalten werden. Ein Fragebogen, der auch zur Bestimmung einer postnatalen Depression verwendet wird („Edinburgh Postpartum Depression Scale”), kann Aufschluss darüber geben, ob es sich um „normale” Stimmungsschwankungen oder eine Depression handelt. Letzteres macht ein unverzügliches Eingreifen erforderlich. Psychotherapeutische Maßnahmen sowie eine umfangreiche Beratung durch den Gynäkologen und eventuell die Unterstützung einer Hebamme können der schwangeren Frau helfen. Medikamente sollten aufgrund des Gefährdungsrisikos des Fötus während der Schwangerschaft nur zum Einsatz kommen, wenn die nicht-medikamentösen Behandlungsmethoden keine Besserung erzielen.
Sabrina Mandel